NEWS ÜBERSICHT

von IBS Redakteur

Dr. Sören Sundermann und Dr. Ralph Stuber

„Mehr als nur ein Instrument zur Informationsvermittlung" – Die IBS Oldenburg und ihr Weg zur Integration von KI in der Lehre

Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) bringt spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT im Herbst 2022 sowohl für den Bildungssektor als auch für die Art und Weise, wie wir lehren und lernen, signifikante Veränderungen mit sich. Technologien wie ChatGPT stehen im Zentrum dieser Transformation und bieten neue Perspektiven für das Bildungswesen. Die damit verbundenen Veränderungen und Potenziale rücken immer mehr in den Fokus der Diskussion.

Die IBS Oldenburg hat die Bedeutung dieser Entwicklung erkannt und entschieden, aktiv an der Gestaltung dieser neuen Bildungslandschaft mitzuwirken. Um unsere Überlegungen und Ansätze zur Integration von KI in den Bildungsprozess zu teilen, haben wir ein Interview mit unseren Akademieleitern Dr. Sören Sundermann und Dr. Ralph Stuber geführt. In diesem Gespräch erörtern sie die Auswirkungen der KI auf Studium und Lehre und geben Einblicke in die zukünftige Ausrichtung der IBS Oldenburg in diesem Bereich.

 

Wie bewertet die IBS Oldenburg die Entwicklung von KI-Technologien wie ChatGPT in Bezug auf das Lehren und Lernen?

Sören Sundermann: Wir betrachten die rasante Entwicklung von KI-Technologien, insbesondere solcher wie ChatGPT, als eine bahnbrechende Veränderung im Bildungsbereich. Diese Technologien bieten ein enormes Potenzial, um traditionelle Lehr- und Lernmethoden zu erweitern und zu transformieren. Wir sehen KI nicht nur als ein Mittel zur Effizienzsteigerung, sondern vielmehr als eine Chance, die Tiefe und Breite des Lernens zu erweitern. Zum Beispiel ermöglicht KI den Zugang zu einer breiteren Palette von Lernmaterialien und kann individuelle Lernwege unterstützen, die auf die spezifischen Bedürfnisse jedes Studierenden zugeschnitten sind. Gleichzeitig legen wir großen Wert darauf, dass diese Technologien im Einklang mit unseren Kernprinzipien wie kritischem Denken und akademischer Integrität genutzt werden. Unser Ziel ist es, KI als eine Erweiterung unserer pädagogischen Werkzeuge zu nutzen, die Studierende dazu anregt, Informationen zu hinterfragen, ihre Analysefähigkeiten zu schärfen und unabhängige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Ralph Stuber: Ergänzend dazu möchte ich betonen, dass KI in unserem Bildungskontext weit mehr als nur ein Instrument zur Informationsvermittlung darstellt. Vielmehr bietet sie die Möglichkeit, die pädagogische Landschaft grundlegend zu verändern. Durch den Einsatz von KI in der Lehre können wir den Fokus stärker auf die Förderung von Reflexivität und Eigenständigkeit legen. KI-gestützte Lehrmethoden ermöglichen es, den kontaktbezogenen Unterricht interaktiver zu gestalten und Studierenden die Möglichkeit zu geben, ihr Wissen in realen, praxisnahen Szenarien anzuwenden. Dies führt zu einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Lernstoff und fördert ein aktives, selbstgesteuertes Lernen. Wir sehen KI als eine Chance, die Lernenden dazu zu befähigen, über den traditionellen Lehrstoff hinauszugehen und kreative, innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Dies ist besonders wichtig in einer Welt, die sich durch technologischen Fortschritt und stetige Veränderung auszeichnet. An der IBS Oldenburg ist es unser Anliegen, unsere Studierenden nicht nur mit dem nötigen Fachwissen auszustatten, sondern auch weitere Kompetenzen zu vermitteln, sie z. B. auch zu kritisch denkenden, selbstständigen Persönlichkeiten zu formen, die in der Lage sind, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

Wie unterstützt die IBS Oldenburg Lehrende und Studierende dabei, KI effektiv zu nutzen?

Ralph Stuber: Ein erster zentraler Baustein unserer Unterstützung ist eine kürzlich erstellte Handreichung für Studierende und Lehrende. Sie ist das Ergebnis einer gründlichen Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Herausforderungen von KI in der akademischen Lehre. Die Handreichung behandelt verschiedene Aspekte der KI-Nutzung, von grundlegenden Konzepten bis hin zu fortgeschrittenen Anwendungen und gibt praktische Ratschläge, wie KI im Lehrkontext eingesetzt werden kann. Sie beleuchtet auch kritische Themen wie ethische Überlegungen, Datenschutz und die Vermeidung von Voreingenommenheit in KI-Systemen. Unser Ziel ist es, durch diese Handreichung ein solides Fundament für ein vertieftes Verständnis und eine kritische Auseinandersetzung mit KI zu legen.

Sören Sundermann: Diese Handreichung ist ein wichtiger Schritt, aber wir sehen sie nur als den Anfang eines umfassenderen Prozesses. Wir planen, auf dieser Basis weitere unterstützende Maßnahmen zu entwickeln. Dazu gehören z.B. interaktive Workshops, in denen Studierende und Lehrende praktische Erfahrungen mit KI sammeln können, Diskussionsrunden zur Reflexion über die sozialen und ethischen Aspekte von KI sowie Projektarbeiten, die die Anwendung von KI in realen Szenarien fördern. Unser Ansatz ist es, eine dynamische Lernumgebung zu schaffen, in der die Mitglieder unserer Gemeinschaft gemeinsam lernen, die Technologie zu nutzen und gleichzeitig ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und das individuelle Lernen zu reflektieren. Durch diese integrative und praxisorientierte Herangehensweise streben wir danach, unsere Lehre kontinuierlich an die sich schnell entwickelnde Welt der KI anzupassen und unsere Studierenden optimal auf die Herausforderungen und Chancen vorzubereiten, die diese neuen Technologien mit sich bringen.

Welche spezifischen Herausforderungen bringt der Einsatz von KI in der Hochschullehre mit sich?

Sören Sundermann: Die Integration von KI in die Hochschullehre ist eine komplexe Herausforderung, die weit über die technische Implementierung hinausgeht. Ein zentrales Anliegen ist die Bewahrung der akademischen Integrität. Wir müssen sicherstellen, dass KI-Technologien die kritische Auseinandersetzung und das unabhängige Denken unserer Studierenden fördern, anstatt sie zu untergraben. Es besteht das Risiko, dass Studierende sich zu sehr auf die Ergebnisse von KI-Systemen verlassen und dabei ihre eigenen analytischen Fähigkeiten vernachlässigen. Daher ist es entscheidend, dass wir KI als ein Werkzeug betrachten, das den Lern- und Forschungsprozess unterstützt, aber nicht die fundierten, von Menschen geleiteten akademischen Bemühungen ersetzt. Unsere Aufgabe ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem KI die Studierenden dazu anregt, Informationen zu hinterfragen und ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Ralph Stuber: Ergänzend möchte ich betonen, dass die Anpassung unserer Lehrmethoden an die neuen technologischen Gegebenheiten eine weitere große Herausforderung darstellt. Dies erfordert nicht nur die technische Kompetenz, KI-Tools effektiv zu nutzen, sondern auch ein Umdenken in der Didaktik. Wir stehen vor der Aufgabe, unsere Lehrpläne so zu gestalten, dass sie die Vorteile von KI nutzen, ohne die Entwicklung kritischen Denkens und die Förderung eigenständiger Lernprozesse zu vernachlässigen. Dies bedeutet eine kontinuierliche Reflexion und Erneuerung unserer Lehransätze, um sicherzustellen, dass sie sowohl aktuell als auch relevant bleiben. Darüber hinaus müssen wir auch die ethischen Implikationen des Einsatzes von KI in der Lehre berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und die Vermeidung von Voreingenommenheit. Es ist eine fortlaufende Aufgabe, die Lehrenden in diesen Aspekten zu schulen und ein Bewusstsein für die verantwortungsvolle Nutzung von KI zu schaffen.

Wie sehen Sie die zukünftige Rolle von Lehrenden und Studierenden im Kontext der KI-Integration in der Lehre?

Ralph Stuber: Mit der fortschreitenden Integration von KI in der Lehre erleben wir eine signifikante Veränderung in der Rolle der Lehrenden. Sie wandeln sich von traditionellen Informationsvermittlern zu Mentoren und Facilitatoren, die den Lernprozess der Studierenden begleiten und unterstützen. In dieser neuen Rolle liegt der Fokus darauf, die Studierenden darin zu bestärken, eigenständige Lösungswege zu finden und kritisch zu denken. Dies umfasst die Anleitung, wie man effektiv KI-Tools nutzt, um eigenständige Forschung zu betreiben, Hypothesen zu testen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Lehrende werden zunehmend zu Beratern, die helfen, den Lernprozess zu steuern, indem sie Studierende dazu anregen, Fragen zu stellen, die über das hinausgehen, was KI bieten kann. Sie unterstützen die Studierenden dabei, die Grenzen von KI zu erkennen und ihre Fähigkeit zur kritischen Analyse zu schärfen.

Sören Sundermann: Parallel dazu übernehmen die Studierenden eine proaktivere Rolle in ihrem Bildungsweg. An der IBS Oldenburg ermutigen wir unsere Studierenden, selbstständiger und kritischer zu denken, was eine essenzielle Kompetenz in einer Welt ist, in der KI allgegenwärtig ist. Die Studierenden lernen, KI als ein mächtiges Werkzeug zu nutzen, das ihren Lernprozess bereichert, aber sie auch dazu herausfordert, über die von KI bereitgestellten Informationen hinauszugehen. Sie müssen lernen, die von KI-Systemen generierten Informationen und Vorschläge kritisch zu bewerten, um eigene, fundierte Entscheidungen zu treffen. Dies fördert nicht nur ihre intellektuelle Unabhängigkeit, sondern bereitet sie auch auf eine Arbeitswelt vor, in der analytisches Denken und die Fähigkeit, über die Grenzen von KI hinauszudenken, immer wichtiger werden. Die IBS Oldenburg zielt darauf ab, Studierende auszubilden, die nicht nur in der Lage sind, KI-Tools effektiv einzusetzen, sondern auch die ethischen und gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Einsatzes zu verstehen und zu reflektieren.

Abschließend, wie wird KI die Hochschullehre an der IBS Oldenburg in Zukunft prägen?

Ralph Stuber: Künstliche Intelligenz wird in den kommenden Jahren eine zunehmend zentrale Rolle in unserer Lehr- und Lernlandschaft spielen. Wir sehen KI als ein mächtiges Werkzeug, das nicht nur das Lernen personalisieren, sondern auch die Lehrmethoden revolutionieren kann. Eine spannende Möglichkeit, die wir in Erwägung ziehen, sind beispielsweise virtuelle Lernassistenten. Diese könnten als Ergänzung zu unseren menschlichen Lehrenden fungieren, um den Lernprozess auch außerhalb des klassischen Kontaktlernens zu unterstützen und zu bereichern. Solche Assistenten könnten dabei helfen, Lerninhalte zu individualisieren, schnelles Feedback zu geben oder administrative Aufgaben zu übernehmen, was unseren Lehrenden mehr Zeit für die individuelle Betreuung der Studierenden lässt. Dieser Ansatz steht im Einklang mit unserem Ziel, die Lehrqualität kontinuierlich zu verbessern und den Studierenden ein optimales Lernerlebnis zu bieten und so auch die Bedarfe der Partnerunternehmen zu adressieren.

Sören Sundermann: Diese Entwicklung bedeutet für uns an der IBS Oldenburg, dass wir neue Wege gehen und innovative Lehrkonzepte entwickeln werden, die KI-Technologien sinnvoll einbeziehen. Unser Fokus liegt dabei nicht nur auf der Vermittlung von Wissen, sondern auch darauf, unsere Studierenden darauf vorzubereiten, die komplexen Herausforderungen und Chancen, die KI mit sich bringt, zu verstehen und zu meistern. Wir möchten, dass unsere Studierenden lernen, KI als Teil ihres akademischen und beruflichen Werkzeugkastens zu nutzen und gleichzeitig ein tiefes Verständnis für die ethischen und gesellschaftlichen Aspekte ihres Einsatzes zu entwickeln. In diesem Sinne arbeiten wir an der IBS Oldenburg daran, eine Lehr- und Lernumgebung zu schaffen, die sowohl innovativ als auch auf die Bedürfnisse unserer Studierenden und Partnerunternehmen abgestimmt ist.